Die Antwort auf die Große Anfrage der SSW-Ratsfraktion zur Bezahlung der Beschäftigten der Landeshauptstadt Kiel liefert gemischte Ergebnisse. Die Stadt kann bisher nicht durchweg für faire Beschäftigungsverhältnisse sorgen. Hier muss über die Aufsichtsräte unbedingt nachgesteuert werden. Dazu erklärt der SSW-Fraktionsvorsitzende Marcel Schmidt:
„Die Antwort der Verwaltung auf unsere ‚Große Anfrage zur Bezahlung der Beschäftigten der Landeshauptstadt Kiel‘ (Drs. 0054/2019) ist umfangreich und ergibt ein wechselhaftes Bild. Während in einigen Unternehmen nach TVöD bezahlt wird, gibt es auch Betriebe, die Branchentarife verwenden, die man sich noch genauer ansehen muss. Es gibt aber auch offenkundige Problemfälle.
Die Stadt Kiel ist kein schlechter Arbeitgeber, es gibt allerdings noch eine Baustelle, die in Ordnung gebracht werden muss: das städtische Krankenhaus mit der Ausgliederung eines Teils der Beschäftigten in eine Städtisches Krankenhaus Service GmbH. Die Service GmbH ist nicht Vollmitglied im kommunalen Arbeitgeberverband, sondern nur Gastmitglied, was bedeutet, dass dessen Tarifabschlüsse für sie nicht bindend sind. Folgerichtig bekommt man als Antwort auf die Frage nach den geltenden Tarifverträgen für die Service GmbH verschiedene Abkürzungen genannt und den Zusatz ‚statisch‘. Unsere Nachfragen beim zuständigen Betriebsrat haben ergeben, dass ‚statisch‘ bedeutet, dass zumindest ein Teil der Beschäftigten seit acht Jahren keine Tarifanpassung mehr erhalten hat. Wir sind entsetzt über diese Fehlentwicklung im Städtischen Krankenhaus und erachten es als Aufgabe der Ratsversammlung, diese Baustelle in Ordnung zu bringen.
Dazu werden wir insbesondere die drei großen Fraktionen der Ratsversammlung – SPD, Grüne und CDU – in die Pflicht nehmen, da ein Großteil der Verantwortung für die Verbesserung der Situation bei ihnen liegt: Die drei großen Fraktionen stellen seit vielen Jahren die Aufsichtsräte in den Betrieben, an denen die Stadt beteiligt ist. Eine Verbesserung der Situation kann nur über die Aufsichtsräte erfolgen. Sie sind der notwendige Hebel, um die Geschäftsführer dazu zu zwingen, mit den Betriebsräten und Gewerkschaften faire Regelungen auszuhandeln.
Wie bereits erwähnt, gibt es neben dem Krankenhaus noch andere Fälle, die wir genau untersuchen müssen. Dort werden wir ähnlich vorgehen. Wichtig ist jedoch, dass zunächst mit den Parteien Gespräche geführt werden, damit die Ratsversammlung die Beschlüsse fasst, die von den Belegschaften, Betriebsräten und auch Gewerkschaften benötigt werden. Das Problem ist vielschichtig und bedarf deshalb einer genauen Untersuchung. Wir sind deswegen in Gesprächen mit verschiedenen Betriebsräten, Geschäftsführungen und auch anderen Fraktionen.
Wir haben vorab zunächst einen Antrag (Drs. 0446/2019) für die kommende Ratsversammlung eingebracht, der grundsätzlich festlegt, dass es die Aufgabe der von der Ratsversammlung entsandten Aufsichtsräte ist, für eine gerechte Bezahlung der MitarbeiterInnen zu sorgen. Darüber hinaus fordern wir, dass es keine Gastmitgliedschaften im kommunalen Arbeitgeberverband mehr gibt, sondern nur noch Vollmitgliedschaften, damit Abschlüsse verbindlich übernommen werden.
Das Ergebnis der Großen Anfrage veranlasst uns, über das Thema Rekommunalisierung aus einem völlig neuen Blickwinkel nachzudenken: Offensichtlich ist die Stadt als Anteilseignerin von Beteiligungen und Unternehmen mit den bisherigen Mechanismen nicht in der Lage, durchweg für faire Beschäftigungsverhältnisse zu sorgen.“