Die IHK kritisiert den Anteil an geplanter Wohnbebauung in der Entwicklung des neuen Stadtteils Holtenau-Ost. Die SSW-Ratsfraktion verteidigt die gültigen Beschlüsse der Ratsversammlung über den Zuschnitt von Wohnen und Gewerbe und appelliert an einen modernen Denkansatz bei der Stadtentwicklung, um aus Holtenau-Ost ein zukunftsfähiges Quartier nach skandinavischem Vorbild zu machen. Dazu erklärt der Fraktionsvorsitzende Ratsherr Marcel Schmidt:
„Die Industrie und Handelskammer zu Kiel (IHK) kritisiert den Zuschnitt der Anteile von Wohnen und Gewerbe in den Plänen für den neuen Kieler Stadtteil Holtenau-Ost, der auf dem ehemaligen Gelände des Marinefliegergeschwaders 5 entstehen soll. Die Industrievertreter wünschen sich einen größeren Anteil an Gewerbeflächen – auf Kosten des Wohnungsbaus. Diesen Kurs kann die SSW-Ratsfraktion nicht mittragen. Der Planungszuschnitt wurde in dieser Form von der Ratsversammlung beschlossen und muss Bestand haben. Kiel hat schon viel zu lange einen ungedeckten Bedarf an bezahlbarem Wohnraum. Dass hier Abhilfe geschaffen werden muss, darüber herrscht in der Ratsversammlung politisch seit Jahren Einigkeit. Wir finden es schade, wenn dieser überparteiliche Konsens in Frage gestellt wird. Bezahlbarer Wohnraum ist elementar für den sozialen Frieden. Daran zu rütteln, finden wir mehr als irritierend. Der für Holtenau-Ost vorgesehene Anteil von 30 % gefördertem Wohnraum ist nach unserer Auffassung ein Minimalwert, da der vorhandene Bedarf an gefördertem Wohnraum erheblich ist.
Neben attraktivem und bezahlbarem Wohnraum braucht es allerdings noch mehr, damit Kiels neuer Stadtteil ein Erfolg wird: Wir brauchen eine leistungsfähige Anbindung an die Stadtbahn, sonst ist das Scheitern vorprogrammiert. Um die dort lebenden Menschen und die Betriebe funktional an den Rest der Stadt anzubinden, muss die ÖPNV-Lösung wesentlich leistungsfähiger sein, als lediglich zusätzliche Buslinien, die jederzeit zusammengestrichen und reduziert werden können. Um eine leistungsfähige und zuverlässige ÖPNV-Anbindung für den Kieler Norden zu schaffen, muss der Verkehrsraum baulich verändert werden. Ohne eigene Trassen für den ÖPNV wird es im Kieler Norden auf Dauer nicht funktionieren. Wir halten es für erforderlich, die Anbindung schnellstmöglich zu konkretisieren und verbindlich festzuklopfen.
Sowohl die SSW-Ratsfraktion als auch Kiels Baudezernentin Doris Grondke wissen, dass sich bei der Stadtentwicklung der Blick nach Skandinavien lohnt. Unsere nördlichen Nachbarn machen seit Jahren vor, wie man Wohnen und Gewerbe integriert und zum beiderseitigen Vorteil gemeinsam entwickelt. Wer einen Blick auf die Stadtentwicklung unseres Städtepartners Aarhus wirft oder noch ein Stück weiter nördlich auf die nachhaltigen Konzepte in Malmö schaut, merkt schnell, dass uns das bloße Zählen und Vergleichen von Quadratmetern nicht weiterbringen wird. Wir wünschen uns, dass Holtenau-Ost ein skandinavisches Viertel wird, mit dem Kiel den Sprung in die Moderne macht.“