Marcel Schmidt, Fraktionsvorsitzender
der SSW-Ratsfraktion Kiel
Rede zum Haushalt 2019, Ratsversammlung 13.12.2018
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Stadtpräsident,
sehr geehrte Damen und Herren,
Der Haushaltsentwurf 2019 hält durchaus erfreuliche Nachrichten für die Kielerinnen und Kieler bereit. So schließt der Ergebnisplan mit einem Jahresergebnis von rund 10,8 Millionen Euro ab. Das ist ein großer Erfolg für den Leiter der Finanzwirtschaft, Herrn Thomas Brünger. Herr Brünger, bei Ihnen und bei Ihren Mitarbeitern möchte ich mich für das, was sie geleistet haben, bedanken und Ihnen persönlich wünsche ich alles Gute für ihren weiteren Lebensweg. Sie haben mit ihren Mitarbeitern diesen Haushalt gebaut, was wir heute vorliegen haben, ist das Ergebnis ihrer Arbeit. Eingebracht hat den Haushalt unser Oberbürgermeister Dr. Ulf Kämpfer, in der Funktion des Kämmerers. Lieber Ulf, das ist auch für dich ein großer Erfolg, auch wenn wir leider feststellen müssen, dass die Verschuldung der Landeshauptstadt Kiel trotzdem steigt, denn zum Haushalt gehört ja auch der Investitionsplan und der hält andere Zahlen bereit. Darüber hinaus vermissen wir – angesichts der erneuten Stellenvermehrung in diesem Haushalt – eine Aufgabenkritik und ein nachhaltiges Personalkonzept. Wir wollen, dass kritisch hinterfragt wird, welche Aufgaben zwingend von der Landeshauptstadt Kiel erledigt werden müssen und wir wollen sichergestellt haben, dass bei der Stellenvermehrung nicht nur Löcher gestopft werden, sondern dass Stellen- und Aufgabenentwicklung in einem nachhaltigen Konzept aufeinander abgestimmt werden.
Nun habe ich das Problem, die „Herrinnen des Haushalts“, wie sich die Fraktionsspitzen der Mehrheitskooperation in den Medien geoutet haben, unterzubringen. Wer übernimmt eigentlich die politische Verantwortung dafür, dass der Überschuss im Ergebnishaushalt auch dadurch erreicht wurde, dass die Mitarbeiter der städtischen Bäder GmbH jahrelang unter Tarif bezahlt wurden? Oder die politische Verantwortung dafür, dass die Einführung des Gender Budgeting, bereits im Jahre 2005 von der Ratsversammlung beschlossen und erneut im Mai diesen Jahres beschlossen, immer noch nicht, nicht einmal in Ansätzen ernsthaft versucht wurde?
Die Arbeit für die Erstellung des Haushalts wurde von der Finanzwirtschaft gemacht, die Einbringung erfolgte durch den Oberbürgermeister, – das Outing der Mehrheitskooperationsspitzen als Herrinnen des Haushalts lässt befürchten, dass grundlegende Kenntnisse über den Prozess der Erstellung des Haushalts fehlen. Denn was macht die Kommunalpolitik, was machen die Rathausfraktionen in ihren Haushaltsberatungen? Sie beschließen bei einem Haushalt der Landeshauptstadt Kiel, der ein Volumen von über einer Milliarde hat, Änderungen in einem Umfang zwischen 2-3 Millionen. Mit anderen Worten: die Verwaltung erstellt den Haushalt und die Kommunalpolitik macht ein paar Kringel dran. Und dann, meine lieben Damen und Herren von der Mehrheitskooperation, sind es teilweise auch noch die falschen Kringel! Ich nenne hier als Beispiel die eingeplanten Mittel von 80.000 Euro für die Planung eines Stadtstrands, eine überflüssige Ausgabe für ein Spaßprojekt, das nicht nur aus ökologischen Gründen verantwortungslos ist. Auch bei den 50.000 Euro für öffentliche Trinkwasserbrunnen fragt man sich, ob Kiel keine anderen Probleme hat, 30.000 Euro für eine „digitale Sporthallenverwaltung“ das klingt nach einem teuren Spielzeug. Loben möchte ich hingegen ihre Anträge zur Kulturförderung, da hat offenbar ein Rest unserer ehemaligen gemeinsamen Arbeit überlebt.
Wie die richtigen Kringel aussehen, das können sie bei den Haushaltsanträgen des SSW betrachten:
Keine weiteren Investitionen in das Holsteinstadion und die Herstellung der sogenannten „Zweitligatauglichkeit“, die wir leider nur als versteckte Erstligatauglichkeit bewerten können. Die Landeshauptstadt und die Kielerinnen und Kieler haben nichts davon, ein Stadion erst mit Steuergeldern auszubauen und es dann an den Verein Holstein Kiel abzutreten. Die eingesparten 800.000 Euro sind besser als Investition in den kommunalen Wohnungsbau aufgehoben. Für die kommunale Wohnungsgesellschaft sind im Haushalt etwa 10 Millionen Euro vorgesehen, das ist etwa die Summe, die unsere Stadt auch in das Stadion pulvern soll. Was für ein Missverhältnis: Auf der einen Seite Wohnen, ein Grundbedürfnis und ein sehr schwieriger Wohnungsmarkt, auf der anderen Seite hochbezahlter Spitzensport mit einem 14-tägigen Freizeitangebot über jeweils 90 Minuten.
Im Anscharpark wollen wir den Ausbau vom Kesselhaus zu einem Stadtteilzentrum für die Wik über die nächsten zwei Jahre mit insgesamt 450.000 Euro unterstützen. Ebenso fördern wir dort über die kommenden drei Jahre mit insgesamt 750.000 Euro die Sanierung von Haus 1, das als Innovation Hub zu einem Kreativzentrum heranwachsen soll. Wir bringen den Anscharpark in die Wik und die Wik in den Anscharpark.
Die Verbesserung der Nahversorgung in den Stadtteilen liegt uns sehr am Herzen. Für die Konzeption der Umsetzung unserer Nahversorgungsinitiative wollen wir deswegen 20.000 Euro in den Haushalt einstellen.
Den Radverkehr wollen wir verbessern und damit Kiel weiter an unser Fahrradstadt-Vorbild Kopenhagen annähern: Für insgesamt 20.000 Euro soll die Beschilderung für Radfahrer verbessert und die bereits bestehenden Schilder gereinigt werden. Die gleiche Summe stecken wir in ein Konzept für Velorouten auf dem Ostufer; die Fahrradstadt Kiel endet nicht auf dem Westufer.
Groß geschrieben wird in unserem Haushaltsplan das Thema Sicherheit: Der Bahnhofsvorplatz soll mehr Wachpersonal bekommen. Für 150.000 Euro schaffen wir hier Arbeitsplätze, die eine ausufernde Videoüberwachung ersetzen sollen und damit Sicherheit nicht nur vorgaukeln, sondern tatsächlich ermöglichen. Weitere 50.000 Euro fließen in eine stadtweite und sachgebietsübergreifende Rattenbekämpfung, um das Problem des Rattenbefalls anzugehen und nachhaltig lösen zu können.
Kiel als weltoffene Landeshauptstadt ist für alle seine Bürgerinnen und Bürger da. Damit wir alle mitnehmen können, stellen wir zusätzliche Gelder für inklusive Maßnahmen bereit:
Für die Verbesserung der Barrierefreiheit in den Kieler Schulen fordern wir zusätzliche 100.000 Euro. Nur wo uneingeschränkt gemeinsam gelernt werden kann, entsteht das Wir-Gefühl einer inklusiven Stadt.
Für mittellose Seniorinnen und Senioren stellen wir einen Notfallfonds von 50.000 Euro in den Haushalt ein, mit dessen Hilfe schnell und unbürokratisch die Härte von unvorhergesehenen Ausgaben abgefedert werden kann. Die Landeshauptstadt soll sich in dieser Sache mit Stiftungen und anderen Akteuren zusammentun, die bereits in diesem Sektor aktiv sind.
Ergänzend zum Bahnhofskonzept und zum Kommunalen Ordnungsdienst soll die Sozialarbeit auf der Straße mit 100.000 Euro unterstützt werden. Soziales und Sicherheit sind zwei Seiten einer Medaille und als Konzepte untrennbar miteinander verbunden. Ordnungsrechtliche Maßnahmen müssen immer auch mit sozialpolitischem Engagement begleitet werden, damit sie langfristig Wirkung zeigen.
Der Kieler Haushalt für 2019 hat erstmals seit vielen Jahren wieder ein positives Ergebnis. Die Aufgabe dieser Ratsversammlung ist es, die gewonnenen Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne der Kielerinnen und Kieler zu nutzen. Während sich die Mehrheitskooperation in Lifestyle-Projekten verheddert und vom Prosecco am Stadtstrand träumt, wollen wir die Landeshauptstadt Kiel im Sinne der Kielerinnen und Kieler weiterentwickeln: sozial, sicher und weltoffen.