Das Interview der Kieler Nachrichten mit dem Armutsforscher Kai Marquardsen unterstreicht die Relevanz der SSW-Anträge zur Armutsbekämpfung in Kiel, die demnächst in den Ausschüssen zur Beratung stehen. Dazu erklärt der Vorsitzende der SSW-Ratsfraktion, Ratsherr Marcel Schmidt:
„Armut ist ein vielschichtiges Thema. Der Begriff umschreibt gleichermaßen einen wirtschaftlichen sowie auch einen soziokulturellen Zustand, der es Menschen unmöglich macht, ihre Bedürfnisse zu befriedigen und gleichzeitig dafür sorgt, dass die Chancen, diesem Zustand zu entfliehen, immer kleiner werden. Wenn Menschen eine Wahl treffen müssen, ob sie entweder Lebensmittel einkaufen oder ihre Miete bezahlen, haben wir als Gesellschaft ein Problem, das wir lösen müssen. Armutsforscher Kai Marquardsen attestiert der Landeshauptstadt in seinem Interview mit den Kieler Nachrichten ein Armutsproblem. Menschen in Armut leben zu großen Teilen in den Stadtteilen Mettenhof und Gaarden; sie sind dadurch nicht nur wirtschaftlich, sondern auch räumlich getrennt von vielen Kieler*innen in den anderen Stadtteilen und müssen den Eindruck gewinnen, dass man sie sich selbst überlässt. Darüber hinaus stellt Kai Marquardsen klar, dass zwar viele Entscheidungen auf Bundes- und Landesebene getroffen werden, die Kommune dennoch in der Pflicht ist, tätig zu werden. Schließlich ist bei den vom Bund bezahlten Leistungen die Ausgestaltung vor Ort, durch die Kommune, entscheidend. Dabei wird auch die Kiel-Karte erwähnt, die ja im Zusammenhang mit der Einstellung des freien Eintritts für Bedürftige in Kieler Bädern Schwächen aufgezeigt hat. Das unterstreicht unseren Ansatz, auf die Veränderungen des Bundes hinsichtlich der Kindergrundsicherung zu reagieren, indem die Kieler Verwaltung ihre Arbeitsprozesse und Maßnahmen auf die vom Bund veränderte Kindergrundsicherung ausrichtet, um für die Betroffenen den größtmöglichen Nutzen zu generieren. Überhaupt muss die Verwaltung bei ihrem Handeln die Bekämpfung der Armut immer mitdenken.
Kiel hat also beim Thema Armutsbekämpfung noch Einiges aufzuholen. Aus diesem Grund fordern wir mit unserem Antrag ‚Masterplan zur Bekämpfung der Kinderarmut‘ (Drs. 0873/2023), die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die kommende Kindergrundsicherung möglichst effizient an die Abläufe im Rathaus angedockt werden kann und Schwächen im Gesetz in der Ausführung nach Möglichkeit von der Stadt ausgeglichen werden. In unserem Antrag ‚Beirat für Menschen mit Armutserfahrung‘ (Drs. 0926/2023) fordern wir die Einrichtung eines Beteiligungsgremiums, in dem explizit Menschen in die Entscheidungsfindung der Kommunalpolitik eingebunden werden, die Armut am eigenen Leib erfahren oder erfahren haben. Dadurch kann das Thema Armut – wie es auch der Armutsforscher empfiehlt – als Querschnittsthema besser erfasst und lösungsorientiert bearbeitet werden.
Das Interview in den Kieler Nachrichten unterstreicht damit noch einmal die Relevanz unserer beiden Anträge zur Armutsbekämpfung, die in der Ratssitzung der vergangenen Woche in den Jugendhilfeausschuss, bzw. in den Sozialausschuss überwiesen wurden. Wir laden alle demokratischen Fraktionen zu gemeinsamen Anstrengungen zur Bekämpfung der Kinderarmut ein und hoffen, dass die Fraktionen der Kieler Ratsversammlung diese Relevanz erkennen und der Aktualität und der Dringlichkeit dieses Themas in den anstehenden Beratungen und Beschlussfassungen die gebotene Priorität widmen.“