Zur Beratung der beiden SSW-Anträge „Koordinierung der Maßnahmen zur Umsetzung der Istanbul-Konvention“ und „Struktureller Gewaltschutz muss Förderbedingung werden“ erklärt Ratsherr Marcel Schmidt, Vorsitzender der SSW-Ratsfraktion Kiel:
„Die Umsetzung der Istanbul-Konvention zum Schutz vor struktureller und sexueller Gewalt und zur Förderung der Gleichberechtigung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, der sich auch die Verwaltung, die im weitesten Sinne einen Querschnitt der Gesellschaft abbildet, nicht entziehen kann. Aus diesem Grund hat die SSW-Ratsfraktion gleich zwei Anträge zu diesem Gleichstellungsthema eingebracht, die gestern im Ausschuss für Soziales, Wohnen und Gesundheit beraten wurden.
Zu unserem Antrag ‚Koordinierung der Maßnahmen zur Umsetzung der Istanbul-Konvention‘ (Drs. 0355/2022) brachte die Rot-Grüne Kooperation einen Änderungsantrag ein, der im Wesentlichen unsere Forderungen enthält und den wir deshalb gerne übernommen haben. Unstrittig ist für uns, dass es nach der durchgeführten Prüfung der jetzt schon bestehenden und der noch notwendigen Maßnahmen zur Umsetzung der Istanbul-Konvention einen personellen Mehrbedarf geben wird. Die Umsetzung der Konvention ist schließlich keine freiwillige Leistung. Hier sind wir gerne bereit, den erfreulichen Konsens in dieser Sache fortzuführen und gemeinsam mit der Kooperation den konkreten Bedarf zu ermitteln. In dieser Hinsicht hat das Thema Gleichstellung in Kiel einen großen Schritt nach vorn gemacht.
Einen großen Rückschlag erlitt es dann allerdings in derselben Sitzung: Unser Antrag ‚Struktureller Gewaltschutz muss Förderbedingung werden‘ (Drs. 0354/2022) wurde mit Mehrheit abgelehnt. Die Gründe dafür bleiben schleierhaft. Mit dem Antrag fordern wir eine Anpassung der Förderrichtlinien, die vorsieht, dass Fördermittelnehmer, um von der Stadt Gelder zu bekommen, dann ein Gewaltschutzkonzept vorweisen müssen, wenn ein solches Konzept auf den Fördermittelnehmer anwendbar ist. Der Paritätische Gesamtverband hat bereits im Oktober 2021 beklagt, dass Gewaltschutz- bzw. Schutzkonzepte in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe noch immer keine Selbstverständlichkeit sind. Wir reden hier also über ein seit einiger Zeit diskutiertes Problem, welches auch den Fachpolitiker*innen im Sozialausschuss der Landeshauptstadt Kiel bekannt sein sollte. Dabei könnte die Stadt den Projekten und Einrichtungen auch Musterkonzepte an die Hand geben, damit der Aufwand für die Erstellung der Konzepte überschaubar bleibt. Hamburg hat beispielsweise ein Gewaltschutzkonzept u.a. für seine Aufnahmeeinrichtungen für Geflüchtete aufgestellt (Zitat: „… Wir verpflichten uns, alle Bewohnerinnen und Bewohner vor Gewalt – insbesondere vor geschlechtsspezifischer Gewalt – zu schützen. Besonders schutzbedürftig sind dabei Frauen und Kinder sowie LSBTI*.“).
Anleitungen für die Erstellung von Gewaltschutzkonzepten für Einrichtungen der Kinderbetreuung und Projekte sind ebenfalls bekannt. Es sollte also für die Kieler Verwaltung kein Problem darstellen, Projekten Musterkonzepte zur Verfügung zu stellen. Diese Konzepte können ein wichtiger roter Faden sein, mit denen Projektleiter*innen schwierige Situationen professionell adressieren und bestenfalls von vornherein vermeiden können. Mit der Ablehnung unseres Antrags haben die Fraktionen im Sozialausschuss der Gleichstellung in der Landeshauptstadt keinen Gefallen getan.
Einrichtungen und Projekte, die Geld von der Landeshauptstadt Kiel erhalten wollen, müssen daher über ein solches Konzept verfügen, – das ist überfällig und sollte in der modernen und aufgeklärten Kieler Kommunalpolitik eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Wir werden uns weiter dafür einsetzen, dass Gewaltschutzkonzepte in Kiel an mehr Stellen zum Einsatz kommen.“